Bandoneon
Das Bandoneon ist untrennbar mit dem argentinischen Tango verbunden. Die Wurzeln des Instruments liegen allerdings in Deutschland und reichen über 150 Jahre zurück.

Eins von Piazzollas meistgespielten Werken: Adios nonino.
Alles ändert sich, nur der Tango nicht.
argentinisches Sprichwort
Die ersten Bandoneons baute, bereits 1849, der Instrumentenbauer Carl Zimmermann aus Carlsfeld im Erzgebirge. Eine Art tragbares Orgelinstrument, das Zimmermann 1851 unter dem Namen Carlsfelder „Concertina“ in London auf der Industrieausstellung mit großem Erfolg präsentiert. Seinen heutigen Namen verdankt das Bandoneon schließlich dem Musiklehrer Heinrich Band aus Krefeld. Der, so jedenfalls geht eine Version der Geschichte, eine Bandoneon-Gruppe mit dem Namen „Band Union“ gründete. Produzieren liess er sein „Bandonunion“ wiederum in Carlsfeld im Erzgebirge, in der Fabrik von Ernst Ludwig und seinem Sohn Alfred Arnold.
Mehr Bandoneons als Fußballvereine
Zunächst wurde es vor allem in kirchlichen Prozessionen eingesetzt. Schnell jedoch entwickelte sich die „Quetschkommode“ zum Instrument des einfachen Mannes, eingesetzt als Stimmungsmacher für Polkas und Ländler. Denn es war leicht zu erlernen: Notenkenntnisse waren nicht erforderlich, gespielt wurde nach Zahlenreihen, einem sogenannten Waschleinensystem.
1920 soll es in Deutschland mehr Bandoneonvereinigungen gegeben haben, als Fußballvereine, vor allem im Ruhrgebiet, in Sachsen, Hamburg aber auch in der Schweiz. Doch während des Nationalsozialismus und der Gleichschaltung des Vereinswesens ebbte der Boom ab. Nach dem Krieg waren die Produktionsstätten in der DDR vom Westen abgeschnitten, die Fabrik der Arnolds wurde verstaatlicht und stellte die Produktion ein. Im Westen setzte sich derweil die Firma Hohner aus Trossingen mit der Fabrikation von Akkordeons durch. Beim „großen Bruder“ des Bandoneons sind Melodie- und Bassseite völlig unterschiedlich zu bedienen. Durch das Drücken eines Knopfes werden hier zwei Stahlzungen gedrückt, die exakt durch eine Öffnung passen und so den Luftstrom in Gang bringen – man spricht von der sogenannten „durchschlagenden Zunge“.

Zweite Karriere: Argentinien
Museumsleiter Kirnbauer hat die zwei Leben, den Wandel vom „Bandonion“ zu „El Bandoneón“ durch räumliche Trennung auch physisch umgesetzt. Die Karriere in Argentinien zeigt er mit Steinharts Exponaten zwei Stockwerke höher. Hier wird der Siegeszug im Tango anschaulich: Deutsche Auswanderer brachten das Bandoneon Anfang des 20. Jahrhunderts an den Rio de la Plata. In den Kaschemmen und Bordellen das Hafenviertels von Buenos Aires verlieh es dem Tango seinen unverwechselbar nostalgischen Klang – getränkt mit dem „traurigen, samtenen Klang“ des Heimwehs der spanischen und italienischen Einwanderer, so erzählte es der große Tango-Interpret Astor Piazzolla einmal. Lange blieb das Bandoneon als Instrument des Volkes von der Oberschicht verpönt.

Rettung des Tangos
Doch in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, durch Plattenaufnahmen in Paris, wurde schließlich eine europäische Modewelle des Tangos, vor allem des Tanzes, ausgelöst. Sie führte schließlich zur Akzeptanz des ehemaligen Gauner-Genres, auch in Argentinien. Es gab „Tango-Tee“ und sogar die Modefarbe „tango“ für Kleider, ein Lachsrosa. Um große Tanzsäle akustisch zu füllen, stockte man die Besetzungen schließlich immer weiter auf, bis hin zu den berühmten Bandoneon-Orchestern. Die überraschende Renaissance des Tangos in Europa in den letzten dreißig Jahren ist untrennbar mit dem Schaffen von Astor Piazzolla (1921–1992) verknüpft. Er hat zahlreiche Weiterentwicklungen des traditionellen Tangos angestoßen, mit neuen Besetzungen und Instrumenten experimentiert und einige der populärsten neuen Tangos geschaffen. Dabei hat er den Tango an die Kunstmusik herangeführt und namhafte klassische Interpreten für seine Musik begeistert.
Dank zahlreicher Piazzolla-Schüler wird sein kompositorische Erbe weitergetragen und ständig erneuert. Fabian Furia (unten) ist einer seiner Schüler.

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